Solo Trip

Flughafen Köln- Bonn. Gate 34.

 

Economy Flight to Heraklion, Seat 17 a. Boarding time 3.30 Uhr. Noch 2 Stunden sitzen, warten, grübeln, zweifeln Soll ich wirklich den Flieger ins „Paradies“ besteigen? Oh man, ein Mind Coach an meiner Seite wäre jetzt gut. Die kleine Wasserflasche in der rechten Hand, will endlich aus dem Klammergriff befreit werden und droht zu ersticken. Was für ein tragisches Ende für die kleine, die doch nichts dafür kann, dass ihr Halter nicht weiß, wohin mit all der Nervosität.

 

 

Diese kalte Einsamkeit durchfährt meinen Körper. Zum ersten Mal in meinem Leben sitze ich hier ganz alleine an einem Gate. Fühle ich mich jetzt schon verlassen von der Welt? Noch nicht ganz, eher so, wie zum Blind Date bestellt, was sich glatt um 2 Stunden verspätet. Diese nicht aufhören wollenden Zweifel. Wage ich tatsächlich den Abflug ins Ungewisse? Der Countdown der Entscheidung läuft. Noch 1 Stunde. Noch kann ich hier alles abbrechen, mit dem Uber nach Hause fahren und mir die Decke über den Kopf ziehen. Alles nur ein schlechter Alptraum. 

 

Negative Gedanken - lasst mich doch einfach nur in Ruhe! Versagen ist keine Schande, sondern eine Option. Wieso ausgerechnet macht mir wachsender Kopfschmerz einen Strich durch die eh schon schlechte Stimmung und durch den krampfenden Magen. Mir geht es von Minute zu Minute richtig schlecht bis hin zu schlechter. Schon wieder drückt die Blase. Bitte nicht schon wieder vollbepackt den Gang zur Toilette antreten - meine Nerven!

 

Es bleiben noch ein paar Minuten, um mich ablenkend zu fokussieren und nur für dich zu formulieren, wie es mir innerlich wirklich geht. Ein exklusiver Seelenstriptease hilft bestimmt mir und vielleicht ja auch dir. 

 

Innerer Monolog als Training für einen selbst verordneten Solo Trip über 8 Tage. Mit dir als mein rettender Wegbegleiter, der mich wohl aushalten muss. Kommst du damit hoffentlich klar? Bitte, ich hab doch sonst niemanden. Ich brauch dich jetzt dringender als jemals zuvor. Bitte? Danke Habibi ;)

 

 

Los geht`s.

 

Auch wenn man mir äußerlich nichts anmerkt und ich versuche, Ruhe zu bewahren, brodelt es weiter in mir. Die Nervosität ist so schlimm wie ein Sturm Stärke 3, der in meiner Brust tobt und meine Gedanken in alle Richtungen wirbelt. Zittert da etwa mein rechtes Bein? Was geht denn jetzt ab? Eine Runde auf- und ablaufen hilft vielleicht? 

Worum geht es eigentlich? Es ist meine erste Kreuzfahrt, die ich allein bestreiten werde.  Eine Reise durch das östliche Mittelmeer auf einem Schiff mit 3500 Passagieren. Alles unbekannte Menschen, bei denen ich nicht weiß, ob ich mit denen überhaupt in Kontakt treten werde oder möchte. Die haben bestimmt keinen Bock auf ein Solo- Anhängsel wie mich. Hm?

 

Acht Tage (mit Zwischenstopps auf Korfu und Santorini) Kreuzfahrt, ohne vertraute Gesichter, stellt eine so große Herausforderung dar, die meine Dimension der Zumutbarkeit an die eigene Grenze bringen wird.

 

Wie soll ich nur, gefangen in einer Kabine mit Außenbalkon, mit mir alleine und ohne bewährte soziale Kontakte Zeit sinnvoll verbringen? Nach wie viel Tagen werde ich mit meinen Gedanken und Bedürfnissen wohl wahnsinnig werden, wenn ich keine Bezugsperson finde, die ich als Ventil brauche? Wie soll das gehen?

 

Ich –  umgeben mit lauter glücklichen Pärchen auf Hochzeitsreise, ich  - umzingelt mit überforderten Helikopter Eltern voller kleiner kreischend verwöhnter Kinder, die mir den letzten Nerv rauben werden. 

 

Dieser Solo Trip ist immer noch freiwillig. Es ist nicht der Berg, der ruft, sondern eine Kreuzfahrt. Was für ein Alptraum, der sicher nur mit Abbruch wegen totaler Überforderung enden wird. Toll! Zeit für eine Beruhigungstablette, von denen ich mir vorsichtshalber die XXL Packung habe verschreiben lassen. Positive Gedanken zuzulassen, kann doch nicht so schwer sein. 

 

 

Boarding!

 

Oh mein Gott! Ferngesteuert reihe ich mich in die Schlange der Willigen ein. Jetzt bloß nicht mehr denken, sondern nur noch Schritt für Schritt nach vorn funktionieren! Was für ein seltsames Gefühl, im Flieger inmitten von fremden Passagieren für die Dauer des Flugs die Gruppe einer Schicksalsgemeinschaft zu bilden und sich dennoch angeschnallt isoliert zu fühlen. Ein Befreiungsschrei über den Wolken wäre jetzt gut!

 

Doch die erwachsene Gesellschaft erwartet von dir einfach, dass du deine Nervosität im Griff hast, dass du nach außen hin ruhig und gefasst bleibst. Doch sie ist da – die Sorge! Wird ausgerechnet dieser Hinflug mein letzter sein – und das ausgerechnet alleine -  die Wahrscheinlichkeit des Absturzes liegt nun mal nie bei null.

 

Der Fenstersitz hilft, in die schwarze Nacht zu schauen, nur um ein diffuses Spiegelbild zu entdecken. Schrecklich. Augen zu und durch. Jetzt ist es eh zu spät. Der Solo- Trip hat längst begonnen und es gibt kein zurück mehr. Die leere Wasserflasche in meiner Hand – wo kommt die denn auf einmal her? Komisch!

Respekt vor den Menschen, die selbst schon einmal eine Reise allein angetreten haben, um die bewusste Erfahrung ins Ich zu machen. Diese Menschen haben sich der Herausforderung gestellt, sich selbst besser kennen zu lernen und ihre Grenzen zu überwinden. Die einen gehen eben den „Jakobsweg“ gehen und ich „fahre“ halt im direkten Vergleich übers Wasser ;)

 

 


Zweifel über Bord werfen

 

Kannst du dir vorstellen, auch einmal allein eine Solo bzw. Selftrip- Reise zu machen? Wärst du eher der offene, mit positiven Gefühlen ausgestattete oder eher der, mit negativen, ablehnenden Gedanken Typ?

 

Was hält dich davon ab, unabhängig von einem Begleiter, solch eine Reise anzugehen? Sind es auch deine Ängste, die Unsicherheiten, die Vorstellung, sich einsam zu fühlen?

 

Betrachten wir mal eine die positive Seite. Du hast die Freiheit, dich nicht ständig mitteilen zu müssen. Du bekommst die Möglichkeit, ganz im Moment zu leben und das zu tun, wozu nur du Lust hat, ohne Rechenschaft ablegen zu müssen. Du musst nicht mehr über das leckere Essen sprechen, sondern einfach nur das Essen genießen. Endlich musst du nicht jeden kleinen Moment ausdrücken, sondern kannst die Reise ganz nach deinen eigenen Vorstellungen gestalten und die Sinne mit dir für sich sprechen lassen. Eigentlich eine schöne Vorstellung, die einen Reiz hat, oder?

Dieser Solo- Trip wird mir die Gelegenheit geben, mich meinen Ängsten zu stellen und daran hoffentlich zu wachsen. Es wäre schon ein riesiger Erfolg, dass ich lerne, die Stürme in mir zu akzeptieren und trotz der inneren Unruhe meinen Weg zu gehen und zu finden. Diese Kreuzfahrt ist nicht nur eine Reise über das Meer, sondern auch eine Reise zu mir selbst, eine Chance, die ich ergreifen möchte, um mich besser kennenzulernen, um meine Unsicherheiten zu überwinden und Unabhängigkeit als Gewinn von Freiheit zu begreifen.

 


Landing!

 

Mein nervöser Blick auf die Uhr verrät meine immer noch innere Anspannung. Bloß nicht den Transfer zum Hafen verpassen. Der andauernde Blick auf die Zeit, als könnte ich dadurch die Kontrolle über meine Gefühle gewinnen, um mir Sicherheit zu geben, dass alles nach Plan wie vorgesehen läuft. Auf einem riesigen Schiff werden mich unzählige Eindrücke erwarten, die ich allein verarbeiten muss. Während andere Reisende ihre Erfahrungen teilen und sich gegenseitig unterstützen, werde ich lernen müssen, wie ich diese Momente sortiere und vor allem verordnet allein genieße.

Wie das geht, keine Ahnung. Es erscheint noch unendlich schwierig, ohne den Freund an der Seite zurecht zu kommen. Dieser Blog wird mir helfen, um meine Gedanken zu ordnen, meine Reise zu reflektieren und zu dokumentieren.

 

Am Ende werde ich vielleicht ein Stück weit besser verstehen, warum es Reisende gibt, die sich gerne auf den Solo- Trip begeben und zurückkehren, dabei eine ganz wunderbare Aura von innerer Zufriedenheit und Glück ausstrahlen, da sie nichts und niemanden vermissen und sich ganz dem Abenteuer voller Positivität hingegeben haben.

 

Solotrip, ich bin bereit für das Abenteuer. Danke, liebe/r LeserIN, du hast mir jetzt schon geholfen. Das Gefühl von Einsamkeit, es schwindet langsam, aber sicher. Lass uns weiterhin so nah sein. Wir texten ;=) Schiff ahoi.

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Kommentare: 2
  • #1

    Moni (Sonntag, 04 August 2024 13:47)

    Súper Mutig,viel Spaß, gespannt was du noch so berichten wirst, �

  • #2

    Claudi (Sonntag, 04 August 2024 13:58)

    Ich war schon alleine auf Reisen ! 14 Tage Kreta pauschal ...eine Erfahrung �..erste Tage waren etwas "speziell". Dann bereichernd! Viel Spaß �️LG Claudi �